Wenn ein Leben plötzlich erlischt
Wo die Straße durch unseren Wald scharf nach Westen abbiegt, steht ein ausladender Ahornbaum. Vor ein paar Wochen haben sich tiefe Schrammen in seinen Stamm gekerbt. Blumen liegen dort, oft brennt ein Licht. Ein Holzkreuz trägt einen Namen: Andreas. Dieses Bild macht mich betroffen. Ich stelle mir vor, was dort passiert ist: Schlechte Sicht in einer Regennacht, vielleicht ein Wildschwein, das direkt vor dem Wagen auf die Straße rennt? Ich sehe – es gibt Menschen, die Andreas so sehr vermissen, dass sie fast täglich frische Blumen an die Unglücksstelle bringen. Die immer noch nicht fassen können, dass er abrupt aus seinem Leben gerissen wurde. Wer war Andreas, was war wichtig für ihn? War er jung, in der Mitte seines Lebens oder schon älter? Woran hat er wohl in der letzten Millisekunde vor dem Aufprall gedacht? Sicher hatte er Träume und Hoffnungen, die er nun nicht mehr leben kann.
Ähnliche Geschichten kennst Du sicher auch, doch immer betreffen sie die anderen. Selbst wenn wir mit Todesfällen im Bekanntenkreis konfrontiert sind, holt uns nach kurzer Betroffenheit der Alltag wieder ein. Verstand und Bauchgefühl sagen uns zwar, dass auch unsere eigene Lebenszeit endlich ist. Allerdings verdrängen wir das gern.
Was passiert, wenn wir unsere Endlichkeit verdrängen
Unsere Endlichkeit zu ignorieren hat zwei fatale Folgen:
Wir betäuben uns mit Konsum.
Dazu hat myMonk einen nachdenklichen Artikel geschrieben.
Wir verschieben Wesentliches.
Weil wir noch viel Zeit zu haben glauben, verschieben wir immer wieder Dinge, die uns am Herzen liegen. Große Vorhaben wie der Tibet-Treck, von dem wir vielleicht schon seit Jahren träumen. Oder auch Dinge, die gar nicht aufwändig sind. Wie einem Menschen einfach mal zu sagen, wie sehr wir ihn schätzen und warum.
Wo stehst Du auf Deiner Lebenslinie?
Ich lade Dich zu einem kleinen Experiment ein. Mit ihm kannst Du Deine Endlichkeit emotional etwas mehr spüren und annehmen.
Du brauchst ein Bandmaß oder ein Seil von etwa zwei Metern Länge. Diese „Lebenslinie“ legst Du in einer Linie auf den Fußboden. Du markierst das eine Ende, das dem Zeitpunkt Deiner Geburt entspricht. Das andere Ende symbolisiert den Zeitpunkt Deines Tode. Atme ein paar Mal tief aus und ein. Dann stell Dich auf die Stelle, an der Du Deine Gegenwart verortest – irgendwo zwischen Anfangs- und Endpunkt Deiner Lebenslinie.
Wie fühlt sich das an? Selbst, wenn Du ganz optimistisch bist – es ist schon ein beachtlicher Teil Deines Lebens vergangen, oder? Andererseits – so viele Tage warten noch auf Dich!
Zwei Fragen für mehr Sinn in Deinem Leben
Vielleicht erscheint Dein prall gefüllter Alltag Dir manchmal wie ein Vampir, der Zeit und Kraft aussaugt. Mir ging das jedenfalls so. Jahrelang war ich zusätzlich zu einem fordernden Vollzeit-Job bis zu drei Stunden am Tag als Berufspendler unterwegs. Irgendwann bin ich vom Auto auf Bus und Bahn umgestiegen. Das ging zwar nicht schneller, doch ich konnte nun in Ruhe meine „Écoute“ lesen. Ein Stückchen näher zu meinem Traum, Französisch zu können.
Wie sieht das bei Dir aus? Ich lade Dich ein, eine der beiden Fragen für Dich zu beantworten.
Welchen kleinen oder großen Traum hast Du bisher aufgeschoben? Was könnte heute der erste kleine Schritt sein, um ihm näher zu kommen?
Welchem Menschen bist Du dankbar – und hast ihm das schon lange nicht mehr gesagt?
Vielleicht möchtest Du nun spontan etwas tun, dann leg los. Schon der kleinste Schritt bringt Dich Deinen Träumen näher. Du allein hast es in der Hand, Deinem Leben noch mehr Sinn zu geben. Heute.
Wenn Du magst, teile doch bitte Deine Gedanken und Erfahrungen in einem Kommentar.
Ein schwieriges Thema, denn oftmals vergisst man gute Ideen und Tipps, um an sein Ziel zu kommen…und es wird um so unbedeutender , weil es meist niemanden interessiert ,was für Träume Du hast.Es geht oft darum, das man Leistung abliefert.Und wenn man es im Anbetracht des Todes sieht ist selbst das nur Schall und Rauch.Die Lebensläufe unserer Ahnen sind sogar schon verblasst..Man muss auch im Alltagschaos seine Glücksinseln finden..
Auch im Alltagschaos seine Glücksinseln finden… Ja, Simone – das finde ich auch. Und was deine Träume betrifft – das Wichtigste ist doch, dass Du selbst voll dahinter stehst und dich dafür einsetzt. Dabei alles Gute!