Pit (Name geändert) ist ein selbstsicherer Mann in mittleren Jahren. Er scheint alles zu haben, was man sich wünschen kann. Erfolg im Job, Familie, Freunde, Eigentumswohnung, beruhigenden Kontostand. Jedes Jahr gönnt er sich Fernreisen zu Traumzielen. Viele beneiden ihn. Doch nun sitzt er mir im Coaching gegenüber, denn er ist auf der Suche nach Veränderung. Warum?
Pits Tage sind ausgefüllt mit Routinen, die ihn zunehmend ermüden. Zwei Stunden täglich pendelt er im Auto. Er entwirft Pläne, Berichte, Powerpoints. Sitzt in endlosen Meetings, leitet Mitarbeiter an. Pit ist gesund und leistungsfähig. Doch etwas Wichtiges fehlt. Ihm ist der Sinn abhanden gekommen.
Sinn-los im Hamsterrad?
Kennst Du das? Als Du damals in Deinen Job eingestiegen bist, warst Du voller Enthusiasmus. Hier möchte ich mich einbringen, dachtest Du. Das Mission Statement Deiner Firma klang überzeugend. Jahre vergehen. Irgendwann spürst Du, dass die Schlagworte der Führungsetage seltsam von der Realität abweichen. Offiziell werden Kundenorientierung, Qualität und Teamgeist verkündet. In der Realität zählt vor allem der Profit für die Aktionäre. Projekttermine toppen Qualitätsansprüche. Mitarbeiter sind „Menschliche Resourcen“, nicht mehr.
Du schaffst immer noch viel in kurzer Zeit. Mit Deiner Erfahrung bist Du eine Bank für Deinen Chef. Doch Du zahlst einen Preis. Vielleicht wirst Du zunehmend gereizt, kannst schlecht schlafen. Nicht nur, weil die Jahre vorbei sind, in denen Du voll jugendlicher Kraft Überstunden locker weggesteckt hast. Immer mehr zweifelst Du am Sinn dessen, was Du tust. Machst Du mit Deiner Arbeit wirklich die Welt ein Stückchen lebenswerter? Bist Du wichtig für Deine Firma, wirst Du als Mensch wertgeschätzt? Oder bist Du nur ein Rädchen in einer Organisation, die sich wenig für Deine Bedürfnisse interessiert?
Willst Du so weitermachen? Oder brauchst Du Veränderung?
Es gibt eine simple Frage, um das herauszufinden:
Was passiert mit Deinem Körper und Deiner Seele, wenn Du so weiter machst?
Such Dir eine Landschaft, die Du magst. Stadtpark, Hausberg, Strand, Wald – wo immer Du zum Durchatmen kommst. Nicht Deinen Lieblingssessel. Dort denkst Du nur, was Du immer schon gedacht hast. Und dann spüre in Dich hinein. Sei ehrlich zu Dir und finde Deine Antwort. Wenn Dir das allein schwer fällt – hast Du einen Freund, dem Du vertraust? Der schweigen und gut zuhören kann? Dann erzähle ihm, was Dein Job mit Deinem Körper und Deiner Seele macht. Frage ihn, was er an Dir beobachtet hat.
Pit hat keinen solchen Freund. In einer fremden Stadt erzählt er seine Story einem Barkeeper. Danach weiß er, was er braucht: Veränderung. Doch wie soll die aussehen?
Wie Du Deinen Traumjob visualisierst
Pit ist nun sicher, dass er aus seiner Firma aussteigen will. Was er dann machen will, weiß er allerdings nicht. Deshalb kommt er zu mir ins Coaching. In Deutschland ist Coaching noch längst nicht so populär wie in Nordamerika. Warum eigentlich? Wenn Du Zahnschmerzen hast, gehst Du doch auch zum Spezialisten, oder? Wofür sich Pit letzten Endes entscheidet, erzähle ich Dir nicht. Doch ich verrate Dir eine Methode, die ihn weiter bringt.
Zunächst brauchst Du Klarheit zu drei Punkten:
1. Stärken: Das, was Du gut kannst
2. Präferenzen: Das, was Du gern machst
3. Werte: Das, was Dir wichtig ist bei Deinem zukünftigen Job (Eigenständigkeit? Zusammenarbeit? Macht?)
Stärken und Präferenzen müssen übrigens nicht immer übereinstimmen. Du willst ein Beispiel? Vielleicht bist Du ja besonders fit darin, Wirtschafts-Daten mit Excel zu analysieren, weil Du das mal gelernt hast (Stärke). Dennoch langweilt Dich das. Dagegen leuchten Deine Augen, wenn Du mit Menschen zu tun hast (Präferenz).
Also – schreib auf, welche Stärken, Präferenzen und Werte Du hast. Das ist eine guter Anfang.
Und nun: Wie soll Dein zukünftiger Job aussehen? Stell Dir doch mal einen ganz normalen Arbeitstag in der Zukunft vor. Was tust Du, mit wem bist Du zusammen, wie geht es Dir dabei?
Und jetzt der Trick – beantworte das nicht nur rational. Such Dir irgend eine kreative Methode aus, mit der Du Deine neue Arbeit skizzierst. Warum das so wichtig ist, fragst Du? Mit kreativen Methoden zapfst Du Dein Unterbewusstsein an. Das weiß mehr, als Deinem Großhirn klar ist. Kreatives Schreiben? Lego bauen? Zeichnen? Pit kann diesen Methoden nichts abgewinnen. Er entscheidet sich für eine Collage. So zerschnippelt er Führungs-Magazine, den Globetrotter-Prospekt und die Zeitschrift seiner Frau. Die passenden Motive klebt er auf ein A3-Blatt. Mit dicken Markern fügt er Verbindungslinien und Symbole hinzu. Einen ganzen Sonntagnachmittag verbringt Pit mit Schere, Kleber und Papierschnipseln. Am Abend hat er eine genaue Vorstellung, wie seine neue Arbeit aussehen soll. Eine Vorstellung, die ihn überzeugt und begeistert.
Wie sieht es bei Dir aus? Falls Du gerade eine neue Berufung suchst – hast Du schon mal kreativ Deine Zukunft visualiert? Welche kreative Methode sagt Dir zu? Verrate uns Deine Erfahrungen in den Kommentaren!
Eine schöne und sinnerfüllte Woche wünscht Dir Christine
P.S.: HIER kannst Du lesen, wie mir selbst der Sinn meiner Arbeit abhanden kam. Und wie ich ihn wiederfand.
Wer schreibt hier?
Christine Radomsky ist Sinn-Coach und Spezialistin für Selbstführung. Als Coach und Trainerin hilft sie ambitionierten Berufstätigen in den Jahren vor der Pensionierung, einen überzeugenden Plan für „die Zeit danach“ zu finden.
Auf ihrem SinnCoach-Blog unter alcudina.de/sinncoach_blog gibt sie praktische Tipps für ein sinnerfülltes Leben.