Wie hältst Du es mit den Social Media? Hast Du manchmal das Gefühl, dass Facebook & Co Dir zu viel Zeit rauben?
Anfang November starteten Michael und ich mit zwei Freunden zum Abenteuerurlaub nach Südamerika. Peru, Bolivien und Chile standen auf unserem Programm. Noch spuken unzählige großartige, aber auch traurige und widersprüchliche Bilder durch meinen Kopf. Es wird noch eine Weile dauern, bis ich sie mental sortiert habe und darüber schreiben kann.
Vier Wochen Social Media Auszeit
Vier Wochen in der Ferne, weit weg von den gewohnten Routinen. Gibt es eine bessere Zeit, um mental Abstand vom Gewohnten zu nehmen - auch von den Social Media?
Also ließ ich meinen Laptop zu Hause und nahm mir vor, während des Urlaubs ohne Social Media auszukommen. Ausnahme: Ab und zu auf dem Smartphone Emails lesen und ein paar WhatsApp mit den Lieben zu Hause austauschen. Doch Xing, Facebook, Twitter und LinkedIn wollte ich ignorieren.
Was für unsere Coaching-Präsenz im Internet nötig war, bereiteten wir noch vor dem Urlaub vor. Automatisierungstools wie SocialPilot und Scompler halfen uns, dass Blogartikel und Postings wie geplant rausgingen - ohne unser Zutun.
WLAN fanden wir in den Hotels und Hostals Südamerikas öfter als erwartet. Nur die Salzwüste von Uyuni dehnte sich in ihrem matten Weiß einsam und technologiefrei unter sengender Sonne.
Die Gewohnheit lockte besonders in den ersten Tagen in Lima und Arequipa. Sollte ich vielleicht doch schnell mal einen Blick auf Facebook oder Xing werfen? Vielleicht kennst Du das: Hat man sich erst einmal in einem Sozialen Netz engagiert, spürt man schnell eine sanfte Versuchung, die Timeline von Freunden zu checken.
Doch warum eigentlich? Heute bin ich sicher, ich habe nichts Wesentliches verpasst. Im Gegenteil – ich fühlte mich frei, mich ohne Ablenkung auf Menschen, Landschaften und Orte einzulassen. Ein angenehmes Gefühl...
Jetzt bin ich schon wieder ein paar Tage zu Hause und habe gar keine Lust, wieder in die Sozialen Medien einzutauchen. Auf jeden Fall werde ich meinen Konsum verschlanken.
Nein, ich gehöre nicht zu den „Maschinenstürmern“, die die sozialen Netze als Teufelszeug ansehen. Gern tausche ich mich online mit anregenden Menschen aus, die in der realen Welt nie meinen Lebensweg gekreuzt hätten. Besonders mag ich Twitter, das ich vor allem als Lernnetzwerk nutze.
Probleme mit Social Media
Doch vier Wochen Abstinenz haben mir folgende Probleme mit Social Media vor Augen geführt:
- Sie verführen dazu, vom "Hölzchen zum Stöckchen" zu kommen. Schnell haben wir vergessen, was wir eigentlich gesucht oder beabsichtigt haben. So kosten sie eine Menge Zeit, die wir für Aktivitäten in der realen Welt einsetzen könnten.
- Knallbunte Bilder, Live-Videos und hochemotionale, schnelllebige Meinungsäußerungen laden zur Oberflächlichkeit ein. Die Sprache verflacht, Meinungsextrema dominieren. Gründliche Recherche, Nachsinnen, tiefer Austausch werden an den Rand gedrängt.
- Die Algorithmen von Facebook und Google+ liefern uns bevorzugt Informationen, die nicht nur unsere Interessen bedienen, sondern auch unsere Vorlieben und Vorurteile bestätigen. Gegensätzliche Meinungen lernen wir immer seltener kennen.
- Viele Postings in Social Media zeigen nur perfekt inszenierte Schokoladen-Momente. Wenn eine lächelnde Business-Frau mit Fotos vom Südseestrand suggeriert, substanzieller Erfolg sei mit zwei Stunden Arbeitseinsatz pro Tag zu erreichen - mit einer Piña Colada in der Hand und einer Hand auf der Laptop-Tastatur - mag das verlockend klingen. Wie realistisch ist das?
- Die Segnungen kostenfreier Internetdienste wie Social Media, aber auch von Suchmaschinen oder Online-Shops bezahlen wir mit Daten über das, was wir tun und was uns beschäftigt. Um die Spitzenplätze der großen Datensammler scheinen Google und Facebook zu konkurrieren.
Hier eine kleine Begebenheit über die Allgegenwart von Google, das viele Menschen mehrmals täglich als Mail-Dienst oder Suchmaschine nutzen. Kurz vor dem nächsten Inlands-Flug bekam unser Freund eine Nachricht von Google, dass es nun bald an der Zeit sei, zum Flughafen zu fahren. Offenbar hatte Google die Emails des Reisebüros an die Gmail-Adresse unseres Freundes gescannt und ausgewertet. Sinnvoller Service? Übergriffig? Das mag jeder für sich selbst entscheiden.
Ich bin froh, dass ich Google Mail kaum nutze. Und als Suchmaschine verwende ich meist DuckDuckGo, die anonymisiert auf Google zugreift.
Social Media Auszeit: Und nun?
Was hat mir die Social Media Auszeit gebracht? Vier unbeschwerte Wochen und eine Erkenntnis: Ich werde meine Aktivitäten in Facebook und Co einschränken, weil mir Selbstbestimmung wichtig ist. Und weil ich meine kostbare Lebenszeit vor allem für die Menschen, Erlebnisse und Projekte nutzen möchte, die mir am Herzen liegen.
Liebe Leserin, lieber Leser, welche Erfahrungen hast Du mit Social Media gemacht? Wie schaffst Du es, die Vorteile zu genießen, ohne Dich „aufsaugen“ zu lassen? Ich freue mich, wenn Du Deine Gedanken in einem Kommentar mit uns teilst.
Liebe Christine, ich bin nicht mehr auf Facebook, jedenfalls fast nicht mehr. Ich bin noch nicht den letzten Schritt gegangen meinen Account zu löschen, er ist nur deaktiviert. Ich vermisse es nicht. Jedenfalls sehr selten.
Ich kenne nur eine Fall für den ich Facebook mag. Dass sind kranke Menschen, die zu schwach sind ihre Freunde einzeln anzuschreiben. Sie stellen oft ihren Status auf Facebook und bekommen so viel Anteilnahme und Ermutigung. Manchmal machen Sie auch anderen Mut, selbst in einer ähnlichen Situation nicht aufzugeben.
Ansonsten widerspricht Facebook, meiner Meinung nach, dem, wonach wir im Leben suchen. Wir suchen nach Resonanz, nach Menschen für die wir wichtig sind und die für uns wichtig sind, Menschen, die uns wahrnehmen, denen wir helfen können, mit denen unsere Seele in Schwingung gerät. Das finden wir nicht auf Facebook, weil man dort nur etwas über sich selbst herausschreit, aber nicht direkt in Kontakt miteinander ist.
Wir suchen nicht nach Fremden, denen wir zuhören können, was sie heute Tolles gemacht haben. Zuhören ist meist ein Dienst am Anderen. Wir sind schnell überlastet, wenn wir mit zu viel Informationen überschüttet werden.
Wir werden auch nicht glücklicher, wenn wir uns vergleichen. Glücklich sind wir eher, wenn wir das annehmen, was ist, wenn wir die kleinen guten Dinge in unserem Leben, die auch immer da sind, in den Fokus rücken. Auch dabei hilft uns Facebook nicht.
Tja, nach jetzt schon mindestens einem Jahr von ziemlicher Facebook Abstinenz, weiss ich, dass ich Facebook nicht in meinem Leben brauche. Ich brauche nicht mal Twitter, aber ich schätze Google, weil ich mit Google das finde, was ich selbst wissen will. Das reicht mir.
Aber es kann für selbstständige Unternehmer, wie Euch, die mit einem bestimmten Thema unterwegs sind, natürlich ganz anders sein. Jeder muss selbst seinen Wege finden, sich mit den Möglichkeiten zu arrangieren. Deshalb bin ich auch sehr gespannt auf weitere Kommentare zu diesem Thema!
Liebe Sabine,
Deine Facebook-Abstinenz dauert schon ein Jahr – alle Achtung. Wie schön, dass Dir FB nicht fehlt. Es stimmt, seine Einladung zu ständigen Vergleichen macht nicht glücklicher. Und jeder muss seinen Weg finden im Dickicht der vielen Möglichkeiten. Ich bin gespannt darauf, wie sich das bei uns einpendeln wird. Ein Satz Deines Kommentars rührt mich besonders an: „Wir suchen nach Resonanz, nach Menschen …, mit denen unsere Seele in Schwingung gerät.“. Das passt!
Liebe Grüße
Christine