Selbstmanagement bei Prokrastination und Stillstand
Kennst Du Prokrastination, Aufschieberitis? Du hast eine wichtige Aufgabe zu erledigen und zögerst, sie anzufangen. Viele Gründe fallen Dir ein, sie auch heute wieder zu verschieben. Auf Deiner TODO-Liste stehen viele andere Dinge, die Du lieber machst. Außerdem „musst“ Du vorher schnell noch Deine Email oder Facebook checken.
Je länger Du zögerst, desto schwerer fällt Dir der Start. Manchmal packst Du den dicken Brocken erst an, wenn der Termin schmerzhaft drückt. Ich gestehe – auch ich bin nicht frei davon. Paradox: Gegen Prokrastination hilft Willenskraft kaum. Hier verrate ich Dir hier zwei meiner Tricks. Sie haben mit buntem Gemüse und Obst zu tun.
Selbstmanagement: Warum Willenskraft gegen Prokrastination selten hilft
Was passiert, wenn wir vor einer Aufgabe stehen, die wir jetzt eigentlich nicht tun wollen? Vielleicht, weil sie schwierig oder langweilig aussieht? Dann werden Hirnareale aktiviert, die für Schmerz zuständig sind, sagt der Neurowissenschaftler Terrence Sejnowski in „Learning How to Learn“. Diese Unlust wollen wir vermeiden. So lenken wir die Aufmerksamkeit lieber auf etwas, was schnellen Erfolg verspricht oder mehr Spaß macht. Ganz menschlich, oder?
Leider sind die angenehmen Gefühle der Ersatztätigkeit nicht von langer Dauer. Schnell meldet sich das schlechte Gewissen. Nun schreiben wir die Aufgabe ganz dick in den Planer für den nächsten Tag. „Ich muss einfach mehr Willenskraft aufbringen“, denken wir vielleicht.
Doch trotz festen Willens ist der innere Schweinehund oft der Stärkere. Schließlich will er hier und jetzt etwas Positives – angenehme Gefühle. Die Nebenwirkung ist fatal: Über Tage und Wochen rutschen Laune und Selbstwertgefühl langsam, aber sicher in den Keller.
Jetzt kommt der Trick: Wenn Du die unliebsame Aufgabe dennoch angehst, ist die Unlust nach kurzer Zeit verschwunden! Doch wie motivierst Du Dich zum Anfangen? Indem Du die Hürde ganz niedrig setzt. Die Pomodoro-Technik hilft Dir dabei.
Selbstmanagement mit Pomodoro: Wie Du loslegst, auch wenn Du keine Lust hast
Die Pomodoro-Technik ist bestechend einfach. Zunächst legst Du Dir alles bereit, was Du für Deine Aufgabe brauchst. Dann stellst Du einen Timer auf 25 Minuten. Im Original war das ein Küchenwecker in Form einer Tomate, daher der Name. Der Italiener Francesco Cirillo hat die Methode erfunden. Meine Handy-App heißt Brain Focus, doch Pomodoro klingt sympathischer.
Jetzt legst Du los. Das Anfangen fällt deshalb leicht, weil Du Dir keinen großen Berg vorgenommen hast, sondern nur 25 min konzentriertes Tun. Wenn es eine schriftliche Aufgabe ist, schreibst Du vielleicht ein paar erste Gedanken auf oder skizzierst ein Mindmap. Wichtig ist, dass Du ins Tun kommst. Überarbeiten kannst Du später immer noch. Du wirst staunen, wie schnell 25 Minuten vorbei sein können.
Dann ist Zeit für eine Pause von 5 Minuten. Wichtig ist, dass Du die Pause voll genießt. Gönn Dir eine Tasse Kaffee oder einen Apfel. Vielleicht schaust Du lieber entspannt aus dem Fenster oder streckst Dich. Danach startest Du eine weitere Pomodoro-Einheit. Nach zwei Stunden machst Du eine Pause von einer halben Stunde.
Übrigens habe ich Pomodoro auch bei diesem Blog-Beitrag genutzt. Vielleicht fragst Du Dich jetzt, ob ich meinen Tag in ein Korsett von vielen kleinen Pomodoros zwänge. Nein, ich verwende es nur, wenn es mir schwer fällt, überhaupt anzufangen.
Selbstmanagement mit Kirsch-Technik: Wie Du mit einem kleinen Trick positive Gewohnheiten aufbaust
Ich möchte Dir noch einen zweite Technik empfehlen. Sie eignet sich, wenn Du neue positive Gewohnheiten aufbauen willst. Michael Winicott nennt die Technik „Mikro-Gewohnheiten“.
Bei mir heißt sie Kirsch-Technik. Stell Dir eine knackige Kirsche vor – lecker, oder? Was gibt es, das Du regelmäßig tun möchtest? Nehmen wir an, Du möchtest regelmäßig joggen, weil Du fit und gesund sein willst. Du hast also ein starkes Motiv. Dennoch läufst Du vielleicht nur selten. Der Grund? Solange das neue Verhalten nicht zur Gewohnheit geworden ist, kostet es Dich jedesmal viel Energie. So bringen Dich alte Gewohnheiten und der innere Schweinehund immer wieder davon ab.
Hier der Trick:
Du nimmst Dir vor, jeden Tag nur 5 Minuten zu laufen. Das ist eine kleine „Kirsche“ und fast nicht der Rede wert. Deshalb protestiert Dein innerer Schweinehund auch nicht. Natürlich ist der Effekt noch minimal. Doch wahrscheinlich läufst Du nach 5 Minuten noch etwas länger. Irgendwann bist Du dann bei einer halbe Stunde oder mehr. Und Du freust Dich schon auf die Trainingseinheit am nächsten Tag. Das neue Verhalten ist zur Gewohnheit geworden. Ganz ohne verbissene Anstrengung.
Auf meiner aktuellen Kirsch-Liste stehen 5 min Meditation, 5 Minuten Natur, 5 min Spanisch. Sie liegt auf meinem Schreibtisch und erinnert mich. Für die Meditation brauche ich diese Erinnerung noch. Dagegen sind Spanischlernen und Natur genießen inzwischen schon zu stabilen Gewohnheiten geworden, die ich nicht mehr missen möchte. Ich werde sie also bald streichen und eine neue Gewohnheit hinzufügen, die ich aufbauen will.
Welche neue positiven Gewohnheit möchtest Du einführen? Schreibe sie doch gleich einmal auf und fang noch heute damit an. Sicher wird auch Deine „5-min-Kirsche“ bald zu einer richtigen stabilen Gewohnheit, bei der Du Leichtigkeit und Freude spürst. Ja, und was dann? Dann schreibe eine neue Mikro-Gewohnheit auf deine Liste. Wie wäre es mit 5 min einer neuen Fremdsprache? Doch übernimm Dich nicht: konzentriere Dich auf maximal drei kleine Veränderungen gleichzeitig.
Probier doch Pomodoro oder Kirsch-Technik heute noch aus! Wie geht es Dir damit? Welche anderen Methoden des Selbstmanagements helfen Dir, den inneren Schweinehund zu überlisten und deinen Zielen näher zu kommen?
Wer schreibt hier?
Christine Radomsky ist Coach für späte berufliche Veränderungen und Spezialistin für Selbstführung. Sie begleitet lebenserfahrene Führungs- und Fachexperten bei späten Karrierewechseln. Außerdem hilft sie ambitionierten Berufstätigen kurz vor dem Ausstieg aus dem Berufsleben, einen überzeugenden Plan für „die Zeit danach“ zu finden.
Auf ihrem SinnCoach-Blog unter alcudina.de/sinncoach_blog teilt sie Geschichten und Tipps für ein sinnerfülltes Leben.
Toll, dass Du Pomodoro gleich ausprobiert hast, Sabine. Ich freue mich, dass Du damit den ersten Draft für Deinen neuen Blogartikel fertiggestellt hast. Die Pause konntest Du dann sicher richtig genießen :-).
Danke Christine, euer Artikel hat mir grade echt geholfen. Ich habe die Pomodoro-Methode probiert (allerdings nach den 25 Minuten dann doch einfach weitergeschrieben) und jetzt nach nur 30 Minuten habe ich einen ersten Draft für meinen Blogartikel fertig und fühle mich erleichtert und jetzt kommt die Pause 🙂