Du bist einzigartig.
Ja, Du! In diesem Moment, wo Du das hier liest.
Du bist einzigartig.
Vor Jahren beobachte ich in einer Bundeswehrgarnison junge Rekruten bei der Gelöbnis-Zeremonie.

Irgendwo unter den vielen jungen Uniformierten befindet sich mein Sohn. Selbst aus der Nähe habe ich keine Chance, ihn zu erkennen. Uniformen sind trefflich dafür geeignet, jede Individualität zu verdecken. Und doch sind ihre Träger einzigartig (schließlich kenne ich meinen Sohn).
Uniformen sind ein krasses Beispiel. In unserer täglichen Wahrnehmung geht es oft um anonyme Massen.
Manchmal gehören wir dazu: „2,5 Millionen Berliner sind zur Wahl aufgerufen“.
Manchmal sind sie nur Objekt: „Im August wurden in Deutschland 18.143 Asylsuchende registriert“.
Wir verlieren den Blick auf das Individuelle, wenn wir in solchen Kategorien denken:
– dabei sind die 2,5 Millionen Berliner nur in einer Hinsicht gleich: sie sind wahlberechtigt.
– und die 18.143 Menschen gleichen sich nur darin, dass sie sich als Asylsuchende registrieren ließen.
Jeder einzelne Mensch unter ihnen ist einzigartig. So wie Du.
„Du brauchst nur liebevoll hinzusehen, und du wirst sehen, dass jeder Mensch etwas hat, was sonst niemand hat.“
Osho
Liebevoll meint hier: achtsam, empathisch, zugewandt. Respektvoll.
Mach das Gedankenexperiment: Was würde ein solcher Hin-Seher bei Dir sehen?
- Dein Handeln
- Dein Denken
- Dein Fühlen
- Deine Fähigkeiten und Stärken
- Deine Schwächen und Ängste
- Deine Ideale und Träume
- die Werte, für die Du stehst
- Dein Bewusstsein
- Dein Unterbewusstsein
sind in ihrer Kombination das Unverwechselbare, das Dich ausmacht. Diese Kombination unterscheidet Dich von allen anderen Menschen viel mehr, als nur die DNA-Sequenz.
Woher kommt das nun?
Christine hat an dieser Stelle schon oft von der Verschaltung der Neuronen beim Lernen geschrieben. Diese Verschaltung geschieht das ganze Leben lang, vom ersten Erdentag in unserem Hirn, gefüttert von Milliarden Impulsen, die unsere Sinne uns in unterschiedlicher Abfolge und Intensität liefern – für jeden Menschen, in jedem Leben anders.
Daraus entsteht eine einzigartige Kombination von Bewusstsein und Unterbewusstsein: das ICH.
Manche nennen es die Seele, die Gesamtheit aller Gefühlsregungen und geistigen Vorgänge.

National Museum Rom
Gestatte noch ein Gedankenexperiment:
Anders als beim Video (wo die Phantasie der Zuschauer durch Bild und Ton eng gefesselt und damit gleichgeschaltet ist) läuft beim Lesen oder Hören das Kopfkino ganz individuell.
Wenn Du gemeinsam mit anderen Menschen die Beschreibung desselben Gegenstandes, derselben Situation und Handlung hörst, werden sich Deine und aller anderer Bilder, die vor den geistigen Augen entstehen, mit Sicherheit unterscheiden.
Weil jeder eine andere Welt erlebt.
Magst Du es, Deinen eigenen Kleidungsstil auszuleben? Umgibst Du Dich gern mit schönen Unikaten, die Du aus dem Urlaub mitgebracht oder in speziellen Geschäften erworben hast? Der Hang hin zum individuellem Stil, fort von Massenware ist ein Ausdruck der Phantasie, der vielfältigen eigenen inneren Welt.
Diese Deine Phantasie ist es, die ein gewaltiges Potenzial schafft: Kreativität.
Als ich Kind war, sagte mein Vater: „Scher dich nicht darum, was andere tun. Mach es auf deine eigene Weise. Du bist anders!“.
Das schuf mir viele Freiheiten. Nicht immer brachte ich den Mut und das Selbstbewusstsein auf, dafür einzustehen.
Wie ist es bei Dir? Warst Du, bist Du kreativ? Ganz bestimmt. Vielleicht hast Du Musik eigenwillig interpretiert, hast geschrieben oder gemalt, ganz privat oder für die Welt.
Dann kennst Du die Schwierigkeiten – und auch, wie kraftvoll Dich Kreativität erfüllen kann und wie Du Dich damit selbst weiter entwickelst.
„All das ist ohne Wert, was nicht Aufstieg oder Übergang ist. Und wenn du innehältst, wirst du der Langeweile begegnen, da dir ja die Landschaft nichts mehr zu sagen hat.“
Antoine de Saint-Exupéry
Tut gut, sich seiner Einzigartigkeit mal wieder bewusst zu werden. Danke für den Artikel, Michael. Die meisten sind ja eher so sozialisiert, dass sie sich möglichst nicht von der Masse unterscheiden. Schafft Sicherheit, aber Kreativität und Mut für Eigenes kommen oft zu kurz.
Das ist ein guter Hinweis, Hugo. Sicherheit ist für die meisten von uns wichtig. Sich irgendwo in der Mitte zu bewegen spart auch Energie. Wem durch zu langes Verharren in der Masse Mut und Kreativität einst verloren gegangen sind, der kann sich den Reiz durchaus zurückerobern. Vielleicht zuerst mal in einer „geschützten“ Umgebung von Familie oder Freunden damit anfangen.
„Du brauchst nur liebevoll hinzusehen, und du wirst sehen, dass jeder Mensch etwas hat, was sonst niemand hat.“ Das ist ein schönes Zitat, lieber Michael, daran sollte man sich möglichst oft erinnern. Schön lieber Michael auch mal Deine Stimme im Blog zu hören.
Danke, liebe Sabine, dass Du besonders dieses Zitat ansprichst. Es lohnt sich, etwas länger darüber nachzudenken. Wir neigen dazu, komplexe Dinge einfach sehen zu wollen – auch andere Menschen. Das führt uns häufig in die Irre. Ich schließe mich da keineswegs aus. Es gibt jedoch Hoffnung – sonst gäbe es diesen Blog nicht…
Liebe Grüße
Michael